Vielfalt, Individualität und Subkultur
Das Thema Vielfalt in der Gesellschaft geht weit über Unterschiede des Geschlechts, der Herkunft oder der politischen Einstellungen hinaus. Vielmehr kennzeichnet eine vielfältige Gesellschaft das Miteinander Leben in gegenseitiger Wertschätzung und Anerkennung. Dazu gehört, dass Fähigkeiten und Bedürfnisse Aller einbezogen werden. Und es benötigt alle Anstrengung, das gemeinsame Leben großartig zu gestalten.
Schulisch agiert man mit den Begriffen Inklusion, Integration, Geschlechtervielfalt, leistungsgetrennte Schule oder auch psychische Erkrankung, die nahelegen, dass es sich um völlig verschiedene Ideen handelt. Doch haben sie alle eine gemeinsame Basis: unser Grundgesetz, die Menschenrechte, Gleichberechtigung und gesellschaftliche Teilhabe.
„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ (Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland Artikel 3 Absatz 3)
Problemlösekompetenz einer vielfältigen Gesellschaft
Ana-Christina Grohnert, Vorstandsvorsitzende der Charta der Vielfalt e.V. merkt in der Studie Diversity in Deutschland (2016) an, dass Diversity, also Vielfalt, die Grundlage für die Wandlungsfähigkeit einer Organisation sei. Entsprechend könnte man verallgemeinern, dass auch eine vielfältige Gesellschaft eine höhere Wandlungsfähigkeit besitzt und damit eine bessere Reaktions- und Problemlösefähigkeit.
Nun ist die gesellschaftliche Handlungsfähigkeit nicht das direkte Augenmerk schulischen Handelns, doch sie wird auch hier vorbereitet. Es stellt sich die Frage, wie man Jugendliche dazu befähigen kann ihre eigene Individualität auszuleben. Vielfalt sichtbar zu machen, anzuerkennen und deren Vorzüge wertzuschätzen, ist die professionelle Aufgabe, der sich Schulen stellen.
Entwicklungsaufgaben und Subkulturen
Die Zukunft unserer Gesellschaft sind die Kinder und Jugendlichen, welche sich mit ihren individuellen Entwicklungsaufgaben auseinandersetzen und sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen versuchen. Dabei ist es wichtig, verschiedene Gruppen kennen zu lernen und sich zugehörig zu fühlen oder sich von ihnen abzugrenzen. Die Jugendlichen erfüllen gleichzeitig Entwicklungsaufgaben, die sich und ihre Persönlichkeit betreffen und auch jene, die die Beziehung zu anderen und zu Gruppen betreffen.
Schule begleitet die Jugendlichen bei diesen Aufgaben in einem sehr sensitiven Zeitfenster. Es ist nahezu unmöglich, diese zu anderen Zeiten oder an anderen Orten nachzuholen. Die Möglichkeit, Abgrenzung und Zugehörigkeit schulisch zu schaffen gilt deshalb für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen als essentiell.
In der Soziologie spricht man von Subkulturen als gesellschaftlichen Gruppen, wie sie je nach Geschlechts-, Alters-, Berufs-, ethnischer, religiöser oder sozialer Zugehörigkeit gesucht werden. Die Ausbildung von neuen und ggf. die Auflösung alter Subkulturen ist charakteristisch für moderne, pluralistisch-vielfältige Gesellschaften. Innerhalb subkultureller Bewegungen werden gesellschaftlich geltende Normen modifiziert und zum Ausdruck gebracht. So wurde z.B. bereits 1960 die Herausbildung der Punk-Kultur beschrieben. Seit den 1970er Jahren bildete sich eine Post-Punk und Dark-Wave-Szene, die subkulturell bis heute existent ist. Durch subkulturelle Gesellschaftskritik, aber auch in Anerkennung ihres “Andersseins”, ergibt sich eine individualitätsbildende Zugehörigkeit, die durch Gruppenhandlungen, modischen Ausdruck, Musikgeschmack, etc. unterstrichen wird.
Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen subkulturelle Gruppen zu bilden oder weiterzuführen und sich hierin auszudrücken, bereitet sie auf eine eigene Zukunft vor, bietet Schutzraum und ein Gefühl der Zugehörigkeit. Diese Schutzfaktoren sind Grundlage in nahezu jeder Präventionsarbeit, wie Krankheitsprävention oder Sucht-, Extremismus- und Gewaltprävention, um nur einige ausgewählte Beispiele zu nennen. Schule kann mit einer wertschätzenden und anerkennenden Begleitung der Jugendlichen, die (neue) Kulturen leben, einen Beitrag zur Gesellschaft von morgen leisten. Diese wird von den selben Werten geprägt sein - Wertschätzung und Anerkennung.
Es ist nicht zu kurz gegriffen, wenn man postuliert, dass Schule als “Triebfeder für die Gesellschaft von Morgen” gilt.
Unterstützung
Um eine solch gesunderhaltende und vielfältige Schule zu unterstützen, gibt es über das Landesprogramm “Denk bunt!” zahlreiche spannende Fortbildungsangebote, welche durch Schulen und Pädagog:innen kostenfrei wahrgenommen werden können. Doch auch der Schulpsychologische Dienst und die Referent:innen des Referates 5 stehen gern zur Seite. Seien es Angebote, um die Eigene Offenheit zu hinterfragen, das eigene Handeln in Bezug zur Entwicklung der Kinder und Jugendlichen zu reflektieren oder Pädagog:innengruppen auf dem Weg zu einer starken Gruppe zu begleiten, die Jugendliche in ihrer Individualität noch stärker anerkennt und wertschätzt.
Sprechen Sie uns gern an. Wir schätzen Ihre individuellen Anliegen und fördern gern eine offene Gesellschaft von Morgen.
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Newsletterausgabe Mai 2023 (pdf-Datei, nicht barrierefrei)
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